Die Leidenschaft für das Laufen kann sehr unterschiedlich sein. Das reicht von einer kurzen Runde um den Block bis hin zu Extremläufen durch die Wüsten dieser Welt. Scott Jureks Buch „Eat & Run“ war mein erster Ausflug in die Welt der Ultras, und auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, jemals auch nur annähernd Distanzen jenseits der 100 Kilometer zu bewältigen, so steht dennoch im nächsten Frühjahr mein erster Ultra an. Zur Einstimmung sauge ich daher alles auf, was zur Inspiration und Motivation geeignet ist.

Running wild – Vom Partykönig zum Extremläufer von Rafael Fuchsgruber und Ralf Kerkeling ist beispielsweise so ein Werk, bei dem ich mich zu 100% wiederfinde. Na ja, fast. Also ein wenig. Immerhin bin ich in meinen jungen Jahren auch erst gegen Mitternacht auf die Piste gegangen, und von der Couch bis zum Kühlschrank war es wirklich extrem weit!

Auf meine alten Tage überlege ich in der Tat, dass nach 42,195 Kilometern das Abenteuer noch nicht zu Ende sein muss. Ok, der Kaufunger Wald ist nicht die Sahara. Skorpione haben wir nicht, maximal Hirschkäfer. Doch schon allein der Gedanke, dass man könnte, wenn man denn nur wollte

Genau das ist das Stichwort, der sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht. Rafael Fuchsgruber lässt sein vergangenes Leben hinter sich und zeigt, was mit eisernem Willen möglich ist. Ich hatte ein Laufbuch erwartet – bekommen habe ich eine Biografie, bei der mich die Geschichte des Mannes zugegeben mehr fasziniert hat, als die Abenteuer, die er beim Extremlaufen erlebt hat.

Running Wild

So leidenschaftlich, wie er uns mit auf die Reise in die Wüste und den Dschungel nimmt, so schonungslos ist auch der Blick zurück auf die schwierige Kindheit, die Alkoholabhängigkeit und sein wildes Leben als Diskjockey und Konzertveranstalter – Sex and Drugs and Rock ’n‘ Roll, so hätte der Untertitel auch lauten können. Es fasziniert mich das ganze Buch über, wie sehr er dem Leser jedes noch so kleine Detail seines Lebens preisgibt. Dabei wirkt Rafael stets authentisch und selbstkritisch, niemals eitel oder heldenhaft.
Sicher sind die Erzählungen über die Wüstenläufe nicht minder interessant, aber am meisten hat mich dann doch Rafaels Offenheit in den Bann gezogen. Auch Misserfolge und Fehlentscheidungen bei seinen Läufen werden nicht unter den Teppich gekehrt, sondern ungeschönt in Worte verpackt.

Mein Fazit zu Running Wild

Mit Hilfe von Running Wild lernt man sicher nicht das Extremlaufen, auch bekommt man keine Trainingspläne. Aber man lernt für’s Leben. Man lernt, dass es nie zu spät ist, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen, und wenn man es mit der Hingabe in die Lauferei schafft – umso besser. Alles in allem also ein tolles Buch. Man muss kein Ultra- oder gar Extremläufer sein, um es zu lieben.

Running wild – Vom Partykönig zum Extremläufer. Von Rafael Fuchsgruber und Ralf Kerkeling. 192 Seiten und 83 Farbfotos. Erschienen im Delius Klasing Verlag. Kostenpunkt 22,90 €.

 

Für die Transparenz

Das Buch wurde mir vom Verlag als Rezensionsexemplar kostenlos zur Verfügung gestellt. Das Review habe ich aus freier Hand geschrieben. Es wurde keinerlei Einfluss auf den Inhalt oder die Bewertung genommen.

11 Kommentare

  1. Comment by Sebastian

    Sebastian Antworten 16. Dezember 2015

    Eins der guten Laufbücher. Zudem auch noch mit ein paar schönen und vor allem inspirierenden Bildern. Authentisch in jedem Fall, aber trotzdem weit weg vom Leben eines „normalen“ Ultraläufers.

    • Comment by Martin

      Martin Antworten 16. Dezember 2015

      Wenn ich schon als Marathoni als nicht „normal“ bezeichnet werde – wie sollen es dann Ultraläufer sein? Ob nun 65, 100 oder mehr – das ist doch dann auch nur eine Frage des Trainings und letztendlich Kopfsache.

      • Comment by Sebastian

        Sebastian Antworten 16. Dezember 2015

        Bezog sich auch eher auf die Lebensweise und den finanziellen Spielraum. Er muss ja nicht arbeiten und kann einfach seinem Hobby nachgehen und mal so einen Spaß wie die 4Deserts machen.

        • Comment by Martin

          Martin Antworten 16. Dezember 2015

          Ach so. Ja, da hast du recht.

          Hatte jetzt mal geschaut, was der Marathon des Sables kostet – mit 3200 € biste dabei. Ohne Flug und all dem Rest…

          • Comment by Daniel

            Daniel 17. Dezember 2015

            2022 ist es so weit … Twitter Klassenfahrt in die Sahara ;-)

          • Comment by Martin

            Martin 17. Dezember 2015

            Klassenfahrt? Da bin ich 55. Wird dann wohl eher ein Seniorenausflug.

            Immerhin brauch man bei der Hitze keine Rheumadecken… :hehehe:

          • Comment by Sebastian

            Sebastian 17. Dezember 2015

            55? Dann biste ja jetzt schon richtig alt ;).

          • Comment by Martin

            Martin 17. Dezember 2015

            Das ist ja nix Neues.

            oldmanrunning.de hat mir allerdings als Domainname nicht gefallen.

  2. Comment by Pooly

    Pooly Antworten 24. Dezember 2015

    Ich glaube das einige Ultraläufer eine ziemlich „vielschichtige“ Vergangenheit hatten, wahrscheinlich ist der Extremsport auch ein Ausgleich um mit damit umgehen zu können. Siehe z.B. „Vom Junkie zum Iron Man“ etc.

    • Comment by Martin

      Martin Antworten 26. Dezember 2015

      Jetzt muss ich mal stark überlegen, ob ich auch eine „vielschichtige“ Vergangenheit habe oder ob ich einfach „nur so“ den Ultra laufe werde. :hehehe:

  3. Comment by Simon

    Simon Antworten 17. Januar 2016

    Von dem Autor habe ich vorher noch nichts gehört, aber schon das was ich jetzt von der Leseprobe kenne, finde ich sehr beeindruckend. Wenn man liest, dass er nach so einem Lebenswandel 250 km durch die Wüste gelaufen ist, dann ist das kaum vorstellbar für einen Hobbyläufer wie mich, vor allem weil es ja zusätzlich zu der Distanz nochmal ganz andere Strapazen sind, als wenn man in kühleren Gefilden laufen würde. Ich fand auch das Einstreuen von Erfahrungen als Konzertveranstalter zum Beispiel für Placebo ganz interessant und werde mir das Buch auf jeden Fall auf die Liste setzen.

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