Ein Event, welches letzte Jahr gerade noch als Geheimtipp durchging, hat sich mittlerweile zu einem festen Termin in den Kalendern leidenschaftlicher Berg- und Trailläufern gemausert. Schon in der dritten Auflage ist die Begeisterung für den mit sehr viel Liebe organisierten Lauf so groß, dass auch aus Dankbarkeit für sein Vorhandensein sämtliche Plätze ausgebucht sind.

Der BECK HochRhön-BergTrail bietet bei seiner dritten Auflage ein neues Highlight. Nachdem ich im letzten Jahr ziemlich überraschend den Pott für den Altersklassen-Sieg auf der 37k-Distanz mit nach Hause nehmen durfte, müsste ich heute auf der neuen 42k-Strecke mit 1250 Höhenmetern ein ähnliches Kunststück vollbringen.

3. HochRhön BergTrail 2024

Sind sie nicht schön, all die Pokale? Anschauen ja, aber mitnehmen? Nein, das wird heute nichts. Niemals.

Nun, ich sag’s mal so: Der Druck ist weg. Immerhin: Ich werde nicht ungelenk auf die Baumstümpfe steigen müssen. Mindestens ein bis zwei Kandidaten aus meiner Crew (und meiner AK) haben da weitaus bessere Aussichten. Und das ist auch gut so, denn sonst mache ich noch Unsinn. Bei den Temperaturen, die heute vorausgesagt sind, sollten alte Männer sich besser ein wenig zurückhalten. Sagt nicht nur meine Holde…

Run with the Crew

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Die Crew aus Kassel markiert schon mal das Revier. Kleiner Spoiler: Nach dem Rennen stehen zwei der Herren oben, die jetzt daneben stehen.

Das hier heute ist Grunde genommen ein richtig großer Familienausflug. Okay, für die Familie Preuß ist es das ohnehin. Doch nicht nur mir sind die ganzen Bekloppten, die bei 30°C in der hügeligen Landschaft rumrennen, sehr ans Herz gewachsen. Umso schöner, dass man sich heute mit all die lieben Menschen mal wieder im Zielbereich trifft.

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Unsere Crew aus Nordhessen hat sich recht gleichmäßig auf alle Distanzen verteilt. Während sich René, Ferenc und Sebastian auf der 42k-Distanz eher im vorderen Bereich batteln werden, halte ich es für durchaus machbar, dass ich zumindest eine Zeit lang mit Walter und Marcel laufen kann. Im Idealfall bis zum Ende des Rennens. Gerade auf den letzten Kilometern ist eine mentale Unterstützung nicht zu unterschätzen.

Ritter sattelt die Pferde, die Schlucht ruft!

Na gut. Keine Ritter, keine Pferde. Aber eine Ritterschlucht, die ruft wirklich. Und zwar bald nach dem Start. Gut, dass seit diesem Jahr der Start der beiden langen Distanzen vorgezogen wurde. Es ist ohnehin schon recht voll. Und es geht bergauf. Natürlich – irgendwie müssen die 1250 Höhenmeter ja zu Stande kommen. Ich ahne zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wie komprimiert das auf nur einem kurzen Abschnitt ausufern kann.

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Damit sich das Feld etwas entzerren kann, folgen Abschnitte, die man beinahe als Waldautobahn bezeichnen könnte. Doch kaum ist man einigermaßen ins Rollen gekommen, war’s das auch schon mit dem Flow.

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Beim nächsten Anstieg, ein teilweise bis zu 19% steiler Singletrail, zeigt sich bereits, dass das mit der heutigen Hitze in Kombination mit den zu erwartenden Höhenmetern eine ziemliche Herausforderung werden könnte. Den beiden Streckenposten am Ende des Trails nötige ich die erste La-Ola-Welle des Tages auf. Es wird nicht die letzte sein.

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Am ersten VP des Tages lernen wir, dass man bereits nach fünf Kilometern ordentlich auf Betriebstemperatur sein kann. So sehr, dass das dort angebotene Wasser nicht nur innerlich angewendet werden muss. Ein Becher in den Nacken, einen in die Cap und noch einen als Durstlöscher. So in etwa wird sich das heute wohl mehrfach gestalten, denke ich mir.

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In der prallen Sonne rennen wir nun den Bergsattel entlang, der den Auersberg mit dem Buschschirmberg verbindet. So sehr ich auch die schöne Aussicht genieße – für schattige Trails im Wald bin ich heute eher zu haben. Von denen folgen jetzt ein paar, doch ich bin gedanklich bereits auf dem Anstieg zum Buchschirmgipfel. Puh, das wird sicher derbe heute, denn der ist schon bei milderen Temperaturen nicht ohne.

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Volles Programm

Oben am Buchschirmgipfel, nach etwas mehr als 11 Kilometern, erwartet uns bei der Aussichtsplattform Krone nicht nur der nächste VP, sondern auch das obligatorische Blasorchester, das allerdings gerade keinen Bock auf Blasen hat. Verständlich, bei der Hitze dicke Backen machen? Wer will das schon?

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Richtig Bock haben allerdings die Damen am VP. Hier ist nicht nur die Rhön, sondern auch die Messlatte ziemlich hoch gelegen, wenn es darum geht, was man an einem VP veranstalten kann, um es der Läuferschar so angenehm wie möglich zu machen.

Als krönenden Abschluss gibt’s an der Krone noch nämlich eine erfrischende Dusche! Das ist wirklich ganz, ganz großes Kino. Vielen lieben und herzlichen Dank euch allen. Falls ihr das lest: Schreibt mal bitte in die Kommentare – ihr wisst schon – das mit dem Merken von Namen ist nicht so meins. ;)

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Derart gestärkt und durchnässt laufen wir vorbei am Gipfelkreuz und genießen den tollen Fernblick. Kurz bevor auf dem Kamm des Buchschirms weiter Richtung Fernmeldeturm geht, werden wir frisch geduscht vom Fotografen abgelichtet. Ich sag’s euch: Da oben gibt es wirklich das volle Programm!

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© BECK HochRhön-BergTrail

Im Osten geht’s bergab

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Das soll jetzt keine Anspielung auf die Wahlergebnisse in Thüringen sein. Oder: Vielleicht doch. Tatsächlich passieren wir kurz nach dem darauf folgenden VP, den wir später noch einmal durchlaufen werden, die ehemalige innerdeutsche Grenze. Keiner hat’s gemerkt.

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© BECK HochRhön-BergTrail

Der erste zermürbende und wenig muskelschonende Downhill erwartet uns nach dem Thüringer Rhönhaus. 700 Meter lang, 10-17% Gefälle. Den Abschnitt kennen wir noch vom letzten Jahr, nur mit dem Unterschied, dass uns nun sofort und unmittelbar bewusst wird: Hey, das Drecksding musst du später noch mal hoch!

Rauf und runter ist hier oben generell gerade angesagt. So ein wenig verliere ich den Überblick, und auf das Höhenprofil, welches mir die Garmin anzeigen könnte, mag ich lieber gar nicht erst gucken, sonst verlässt mich der Mut. Okay, hätte man ahnen können, dass es heute anstrengend wird. Gebe ich zu.

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Das nächste Highlight erwartet uns natürlich erst, nachdem wir uns mal wieder einen Berg hoch gequält habe. Genau genommen den höchsten Berg der Thüringer Rhön. Auf dem 813 Meter hohen Ellenbogen erwartet uns neben dem Aussichtsturm „Noahs Segel“ der nächste VP und zudem auch wieder eine Aussicht wie aus dem Reisekatalog.

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Die Jungs haben Hummeln im Hintern und wollen weiter. Ich hingegen erinnere mich an das Briefing vor dem Start, in dem Benne Beck etwas von einem fiesen Downhill mit rollenden Steinen bei Kilometer paarundzwanzig erzählt hat. Das wäre dann bald.

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Der harmlose und pittoreske Wiesentrail leitet den ersten Downhill ein. Ein schöner Singletrail, den ich fälschlicherweise im Verdacht habe, jener Trail mit den rollenden Steinen zu sein. Sozusagen die Rolling Stones im Schafspelz. Der richtige Kracher kommt dann aber erst kurze Zeit später. Runter nach Oberweid hat’s bis zu 24% Gefälle, und die Steine sind wirklich mehr als unangenehm. In Summe sind wir auf den letzten vier Kilometern 320 Höhenmeter bergab gelaufen. Die Oberschenkel schicken Grüße. Die Aussicht, jene 320 Höhenmeter nach einer etwas ausgedehnten Umrundung der Ortschaft wieder hochlaufen zu müssen, versetzt meine Laune schon jetzt auf den Tiefpunkt.

Das faule zweite Ich

Am Wegesrand sehe ich eine Läuferin sitzen: „Alles okay bei dir?“ frage ich sie. Wegen einer Zerrung muss sie leider aussteigen. „Ich werde gleich abgeholt“ verrät sie mir noch. „Hey, das ist doch DIE Chance“ ruft mir mein faules zweites Ich zu. „Frag sie doch, ob du mitfahren kannst. Dann musst du dir all das nicht mehr antun. Die Hitze. Der Anstieg. Und überhaupt. Maaaaartin – mach es!“

Die ganze Runde um Oberweid kämpfe ich mit mir. Der Ort ist somit sowohl topologisch als auch mental ein absolutes Tief. Wie komme ich da nur wieder raus? Erschwerend kommt hinzu, dass Walter gerade alles andere als ein Tief zu haben scheint. Marcel und ich lassen ihn ziehen. Ich fürchte, lange wird das nicht mehr dauern, und ich bin allein unterwegs. Na, Mahlzeit.

Am Ortsrand, wir haben mittlerweile knapp 26 Kilometer auf der Uhr, wartet der fünfte VP auf uns. Nie habe ich einen VP mehr gebraucht als diesen hier. Es geht besonders familiär zu – Bennes Cousine hilft hier aus. Ein paar Minütchen länger als sonst bleiben wir daher gerne. Die La-Ola-Welle zum Abschluss üben wir gleich zweimal, weil ich nicht sicher bin, ob die Kamera aufgenommen hat.

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Drecksack

Gerade, als mich frisch aufgepimpt mit Marcel auf den Weg machen will, richtet sich mein Blick nach vorn. Oder eher nach oben. Da ist er: Der 300-Höhenmeter Anstieg. Schotter. Freies Feld und pralle Sonne. Kein Ende in Sicht. „So ein Drecksack“ rufe ich. Marcel guckt irritiert, ob vielleicht er damit gemeint ist. Nein, damit meine ich genau den, der sich mit sadistischen Veranlagungen diese Streckenführung ausgedacht hat. Das macht die Markierung der bisher absolvierten 1000 Höhenmeter irgendwo im Laufe des Anstiegs auch nicht wieder wett!

Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass ich froh bin Stöcke dabei zu haben? Okay, nein? Ich bin froh. Marcel glaube ich auch. Gemeinsam stöckeln wir also im Vier-Stöckel-Takt die Schotterpiste hoch, wohl wissend, dass oben noch nicht oben sein wird. Schließlich kommt kurze Zeit später noch der Abschnitt hoch zum Thüringer Rhönhaus – ihr erinnert euch: Da sind wir vorhin schon runtergerannt.

Irgendwann hat auch die Schinderei ein Ende. Wir befinden uns am höchsten Punkt der Strecke (820m üNN). Mein tiefster Punkt ist weitgehend überwunden, aber mal kurz langlegen – das kann man ruhig schon mal machen. Auch wenn es nur für’s Foto ist.

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Auf dem nicht enden wollenden und buckeligen Wiesentrail wickelt sich vor uns ein Läufer ins Gras. Allerdings unfreiwillig. Nicht so, wie ich eben am höchsten Punkt. Ihm ist nichts passiert, es sah aber spektakulär aus. Am VP angekommen treffen wir auf ein nächstes Unfallopfer mit mehreren Schürfwunden – er fragt nach Desinfektionsmittel. „Schnaps war vorhin noch da“ sagt man ihm. Ich bin froh, dass wir bis dato unfallfrei geblieben sind. Bis auf eine kaputte Socke ist alles heil.

Wir lassen uns nochmal mit Wasser übergießen und machen uns bereit für den gefühlten Endspurt. Naja, sind immer noch etwas mehr als 10 Kilometer bis ins Ziel. So spurtig ist es leider doch noch nicht, zumal es zickzack im Wald hin- und hergeht und ich ständig der Meinung bin, dass wir in die entgegengesetzte Richtung laufen. Beim Loipenhaus operiere ich noch kurz ein Steinchen aus dem Schuh, und dann geht es zurück in Richtung Buchschirmkamm.

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Die Erinnerung vom letzten Jahr sagt: Es geht bergab, aber stellenweise auch wieder überraschend bergauf. Marcel ist mit mir einer Meinung. Überhaupt: Was der Junge so mitmacht. Wahrscheinlich könnte er schon längst über alle Berge sein, aber er hält den Teamgedanken eisern aufrecht. Tausend Dank nochmal dafür.

Geschmeidig eingelaufen

Und so kommt es, dass wir unser spät gestecktes Ziel, den heutigen Lauf unter 5:30 h zu finishen, doch noch in die Tat umsetzen können. Elfengleich biegen wir auf die Stadionrunde ein. Ein Laufstil wie Jim Walmsley bei der Aufwärmrunde – so als wäre nichts gewesen.

All das Gejammer von unterwegs ist unmittelbar hinter der Ziellinine vergessen. Aber den „Drecksack“ bekommt der Benne trotzdem noch verpasst. War nur Spaß – das weißt du. Ich freue mich auf’s nächste Jahr. Vielen lieben Dank an euch alle! ❤️

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Daten zum Lauf

6 Kommentare

  1. Comment by Rebecca

    Rebecca Antworten 4. September 2024

    Schön war’s!!! Und wie immer sehr sehr schön geschrieben Martin

    • Comment by Martin

      Martin Antworten 4. September 2024

      Ja, das ist definitiv ein Event, was gesetzt ist. Ich freue mich auch total, dass das bei euch so erfolgreich verlaufen ist. Nächstes Jahr laufen wir alle gemeinsam die 42k, oder? ;)

  2. Comment by Oliver

    Oliver Antworten 5. September 2024

    Schön durchgequält, vor allem bei dem Wetter, aber einfach kann ja jeder ;-)
    Gut gemacht!

    • Comment by Martin

      Martin Antworten 6. September 2024

      Ich weiß gar nicht, ob quälen das richtige Wort ist. Beissen trifft es wohl eher. Ich hatte ja keine Schmerzen. Aber ich denke, ich weiß was du meinst.

      Danke dir. :)

  3. Comment by Andreas

    Andreas Antworten 24. September 2024

    Um die schöne Landschaft und die tollen Leute an den VPs beneide ich dich sehr – um die Höhenmeter und die Hitze aber überhaupt nicht ;-)

    • Comment by Martin

      Martin Antworten 24. September 2024

      Na komm schon. Die Hitze und die Höhenmeter sind Teil des Abenteuers. Eine Besteigung des Mt. Everests ohne Schnee oder das Durchschwimmen des Ärmelkanals ohne Wasser würde ja auch keinen richtigen Sinn machen. ;)

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