Kaum ein Trailschuh hat in 2020 für mehr Furore gesorgt als das Modell, welches ich euch heute vorstellen möchte. Sowohl die Fachpresse als auch die Blogger und Läufer waren sich einig: Der Schuh ist das beste Update des Jahres. Na dann wollen wir doch mal schauen, ob ich das auch so sehe…

Ich hab’s mir ehrlich gesagt einfacher vorgestellt, aber die Entscheidung war wirklich nicht leicht. Nehme ich den neuen Terraultra G 270 von inov-8 wieder in dem grellen Grün oder renne ich mit der blauen Variante durch den Wald? Nun, ich bin ein mutiges Kerlchen – ihr seht, für welche Variante ich mich entschieden habe. Bereut habe ich es nicht, das schon mal vorab.

Vorschusslorbeeren

Wenn Damian Hall, einer der weltweit führenden Ultramarathon-Läufer, mit dem inov-8 Terraultra G 270 seine FKT auf dem 431 Kilometer langen Pennine Way (Englands ältestem Fernwanderweg) läuft und anschließend ganz entzückt voll des Lobes ist, dann liegt die Messlatte ziemlich weit oben. Von jenen Distanzen bin ich derzeit und auch zukünftig weit entfernt. Einer FKT auf der Hausstrecke steht allerdings nichts im Wege. Aber erst schauen wir uns den neuen Treter mal genauer an.

First Look: Der inov-8 Terraultra G 270

inov-8 Terraultra G 270

Schon auf dem ersten Blick zu erkennen: Der Terraultra G 270 bietet mehr Schutz als das Vorgängermodell.

Zugegeben: Auf der nach oben offenen Haben-Wollen-Skala liegt der Terraultra G 270 ziemlich weit an der Spitze. Vor allem in jener Farbkombination sieht er umwerfend aus und sorgt für neidische Blicke und ebensolchen Kommentaren in den üblichen Social-Media-Kanälen. Verglichen dazu kommt sein Vorgänger, der Terraultra G 260, schon fast altbacken daher – obwohl der auch schon ganz nett aussah.

inov-8 Terraultra G 270

Neu: Der POWERFLOW MAX Mittelsohlenschaum mit 20 % mehr Energierückgabe und einem Dämpfungsniveau, welches er doppelt so lange behält wie sein Vorgänger.

Lassen wir die Äußerlichkeiten mal beiseite und konzentrieren uns auf die technischen Neuerungen. Die Weiterentwicklung zum Terralultra G 260 ist augenscheinlich und stellt sich definitiv nicht nur als ein kleines Update heraus. Von A wie Außensohle bis Z wie Zunge – da wurde an allen Ecken und Enden optimiert und gefeilt.

inov-8 Terraultra G 270

Der inov-8 Terraultra G 270 hat ein klein wenig mehr Dämpfung spendiert bekommen. Zero Drop ist nach wie vor mit an Bord.

Der inov-8 Terraultra G 270 hat 3 mm mehr Dämpfung in der Mittelsohle spendiert bekommen (12 statt bisher 9 mm). Wie sehr sich das auf der Waage bemerkbar macht, kann ich nicht genau sagen, denn ich hab den Schuh eine Nummer größer bekommen, als zuvor den G 260. In der Größe 44,5 wiegt der Schuh 295 Gramm, demnach schlappe 12 Gramm mehr als mein Exemplar des Vorgängers. Ich greife mal vorweg: Die paar Gramm sind es wert.

inov-8 Terraultra G 270

Die Graphen-verstärkte Außensohle wurde optimiert und bietet multi-direktionale Flexibilität und somit natürliches Laufen.

Wie schon der Vorgänger kommt der Terraultra G 270 mit einer Außensohle aus Graphen-Grip-Gummi daher. Leichte Veränderungen in den Flexrillen und den Anordnungen der 4 mm langen Stollen sorgen für bessere Traktion und Wahrnehmung des Untergrundes, sowie ein natürlicheres Laufverhalten.

inov-8 Terraultra G 270

Die neue BOOMERANG-Einlegesohle sorgt für mehr Energierückgabe und ist übrigens auch separat erhältlich.

Komplett neu ist auch die Innensohle. Das Exemplar aus dem Vorgängermodell hat bei mir keine zwei Läufe Verwendung gefunden und musste aufgrund von Blasenbildung im Fersenbereich ausgetauscht werden. Ganz anders die neue BOOMERANG-Einlegesohle des Terraultra G 270. inov-8 wirbt mit einer 40 % höheren Energierückgabe, die durch die Verwendung der optisch (und haptisch) gut erkennbaren TPU Perlen erzielt wird. Der Wert ist bei einer nur wenige Millimeter dicken Einlegesohle sicherlich eher technisch messbar, dennoch kommt es mir schon so vor, als bringen die kleinen Kügelchen eine spürbare Verbesserung.

Der inov-8 Terraultra G 270 im Vergleich zum G 260

Bilder sagen bekanntlich mehr als tausend Worte, daher reiche ich davon noch ein paar rein, bevor wir zum Praxistest kommen. Vielleicht hätte ich den G 270 auch in grün nehmen sollen, dann wäre der Vergleich perfekt. Aber ich denke, das bekommen wir auch so hin. Here we go…

inov-8 Terraultra G 270

Die Zehenkappe war beim G 260 sicherlich etwas oldschool. Die neue laminierte Variante verspricht eine längere Haltbarkeit.

inov-8 Terraultra G 270

Von hinten gut zu sehen: Noch immer Zero Drop, aber mehr Dämpfung. Leichte Optimierungen an der Außensohle.

inov-8 Terraultra G 270

Flache Schnürsenkel und eine ebensolche Zunge. Das sorgt für eine präzisere Schnürung. Ist aber zunächst gewöhnungsbedürftig.

Der inov-8 Terraultra G 270 in der Praxis

inov-8 Terraultra G 270

Die optimale Jahreszeit für das Testen eines Trailschuhs ist… ? Richtig. Der Herbst. Der anschließende Pflegeaufwand für das Material ist zwar höher, aber dafür ist der Spaß beim Rennen umso größer. Und jetzt kommt mir nicht mit der Aussage, Trailschuhe müssen nicht gesäubert werden – die werden ja eh wieder dreckig. Kann man so machen, aber dann muss man sich auch nicht beschweren, wenn das Obermaterial nicht so lange hält und einreißt. Aber das ist ein anderes Thema. Boah, ich verliere schon wieder den Faden…

Gleich vorweg, sozusagen zur Einordnung: Der inov-8 Terraultra G 270 ist ein Schuh mit 0 mm oder besser gesagt keiner Sprengung. Neudeutsch auch Zero Drop genannt. Der übliche Versatz eines Trailschuhs für längere Distanzen liegt so zwischen 8 und 10 mm. Wer also bis dato noch keine Erfahrung mit Zero Drop gemacht hat, sollte sich tunlichst langsam an den gewohnten Umfang herantasten. Es sei denn, man steht auf Schmerzen. Zum Beispiel in der Wade.

Wenn ich jetzt noch verrate, dass der G 270 mit Platz im Zehenbereich daherkommt, werden die ersten Leser sich an Altra erinnert fühlen. Zu Recht. Der Schuh ist nach meinem Empfinden eine perfekte Mischung aus dem Superior und dem Lone Peak. Falls ihr einen von den beiden als Favoriten habt (oder auch beide) – probiert den Terraultra G 270 mal aus. Der verlorene Faden, ich weiß…

inov-8 Terraultra G 270

Weiter oben habe ich schon die 12 mm Dämpfung erwähnt. Das ist nicht viel, also erwartet hier kein Sofa-Feeling. Belohnt wird man in Kombination mit dem Zero Drop aber mit einem extrem sicheren und natürlichen Laufgefühl. So satt, wie man in dem Schuh steht, hat man nie das Gefühl umknicken zu können, egal wieviel Wurzeln und Steine gerade auf dem Trail sind.

Bei 4 mm Profiltiefe darf man bei Matsch keine Wunder erwarten – dafür ist der Schuh auch nicht gedacht. Ansonsten geht der Grip aber voll in Ordnung. Sogar auf Asphalt lässt sich der Schuh laufen, aber wer will das schon?

Durch das Plus an 3 mm Sohlenhöhe ist der G 270 im Vergleich zum Vorgänger vielleicht nicht mehr ganz so flexibel, doch spielt er immer noch in meiner persönlichen Natural Running Liga ganz weit oben. Mein Physio hat den Schuh übrigens als für geeignet klassifiziert, wenn es um die Therapie meines Knies geht. Das will schon was heißen.

Der inov-8 Terraultra G 270 auf dem Trail

Vor Kurzem hatte ich davon berichtet, dass man mir nahegelegt hat, ich solle es nicht übertreiben. der Lack ist ab, ihr erinnert euch. Insofern wird das nichts mit Pennine Way und Konsorten. Ein Halber durch den Wald geht aber schon. Das ist kein Ultra, ich weiß, aber ich bilde mir ein, das Erlebte auf die lange Distanz projizieren zu können. Ich bin mir recht sicher, dass der inov-8 Terraultra G 270 mit einer etwas längeren Eingewöhnungsphase (wegen Zero Drop) auch auf einer Ultradistanz hinhauen würde. Ob ich das noch mal testen kann, liegt sicher nur am Knie. Also wahrscheinlich eher nein.

Wie auch immer – was ich eigentlich sagen wollte: Der Schuh macht einfach Spaß. Am Anfang ist die neue Schnürung mit den flachen Senkeln und der minimalistischen Zunge etwas gewöhnungsbedürftig, so dass ich noch mal nachjustieren musste. Auch hat es zwei, drei Läufe gebraucht, bis das Obermaterial geschmeidig wurde. Jetzt sitzt er aber wirklich perfekt, so dass ich den Kollege bei jedem Lauf am Fuß habe. Mist, schon wieder ein Lieblingsschuh. Wo soll das nur hinführen?

Mein Fazit zum inov-8 Terraultra G 270

Ich habe das Fazit im Prinzip schon im Laufe des Textes vorweg genommen. Das macht man eigentlich nicht, ich weiß. Aber es sprudelte halt so raus. Okay, hier also nochmal als kurze Zusammenfassung:

Gesetzt den Fall, ihr steht auf Schuhe mit keiner Sprengung sowie moderater Dämpfung und habt gerne Platz im Zehenbereich, dann zitiere ich kurz aus einem Gedicht von Eduard Mörike: „Er ist’s.“

inov-8 Terraultra G 270

Update: Der inov-8 Terraultra G 270 heißt nun Trailfly G 270

Der Terraultra G 270 wurde für Frühjahr/Sommer 2022 in Trailfly G 270 umbenannt um alle Trail-spezifischen Ultra-Laufschuhe bei inov-8 einheitlich mit Trailfly zu bezeichnen zu können. Der Schuh ist jedoch bis auf den Namen genau derselbe wie zuvor. Insofern keine Angst, wenn ihr die Terraultra Variante zum Schnäppchenpreis ergattern könnt. Zugreifen!

Update 2: Der inov-8 Terraultra G 270 im Wettkampfeinsatz

Einen Nachtrag, was die Ultra- bzw. Wettkampftauglichkeit des Schuhs anbelangt, kann ich nicht unerwähnt lassen: Beim diesjährigen Bilstein Ultramarathon (57 km, 1500 Höhenmeter) hat mich der Terraultra G 270 mit Bravour begleitet. Nicht eine einzige Blase hatte ich am Ende des Rennens. Das hatte ich bisher noch bei keinem Schuh.

inov-8 Terraultra G 270

Nach 57 Kilometer lächelnd und ohne Blasen im Ziel. Der inov-8 Terraultra G 270, dieses Mal in der grünen Variante, konnte auf dem Ultra voll überzeugen.

 

 

Für die Transparenz

Der inov-8 Terraultra G 270 wurde mir für diesen Test kostenlos zur Verfügung gestellt. Den Bericht habe ich aus freier Hand geschrieben. Es wurde keinerlei Einfluss auf den Inhalt oder die Bewertung genommen.

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