Im Alter wird man bequem. Man sitzt gern früh auf dem Sofa oder genießt den lauen Sommerabend auf der heimischen Terrasse. Aber um 21:45 Uhr beim SportScheck RUN Kassel 2018 an den Start gehen und 10 Kilometer wie von der Tarantel gestochen durch die Innenstadt rennen? Das machen nur Irre. Also ich zum Beispiel…

Training ist für Weicheier

Wenn ich etwas hasse, dann ist es ein strukturiertes Training. Womöglich noch nach Plan. „Martin, was könntest du nur für Zeiten rennen, wenn du mal richtig trainieren würdest?“ wurde ich mal gefragt. Kann gut sein, will ich gar nicht wissen. Intervalle laufen habe ich mal probiert, aber für doof befunden. Das muss auch ohne gehen. Ich renne ja zum Spaß.

SportScheck RUN Kassel 2018

Vor dem Lauf noch mal gechilled den 5 KM Läuferinnen und Läufern beim Schwitzen zuschauen – kann ich.

Auf dem Königsplatz, dem Herzen der Kasseler Innenstadt, wummern die Bässe, während die ersten Läufer der kurzen Distanz ins Ziel kommen. Ich treffe die üblichen Verdächtigen und plane eine vorsichtige Prognose. Knapp unter 45 Minuten, das könnte klappen. Mehr ist sicher nicht drin, denn der Urlaubsspeck ist immer noch reichlich vorhanden, und das letzte Mal einen 10er auf Zeit bin ich auch schon ewig nicht mehr gerannt.

SportScheck RUN Kassel 2018

Zieleinlauf der 5 Kilometer Läufer – da brennt die ohnehin schon heiße Luft!

Richtig unter Strom stehe ich noch immer nicht. Vielleicht hilft ein wenig Aufwärmen – das soll man ja machen. Ihr seht – ganz so unprofessionell gehe ich den Lauf nun doch nicht an. Immerhin hat die Anmeldung auch Geld gekostet, 20 EUR um genau zu sein. Etwas weniger als die reguläre Gebühr – eine kurzzeitige Werbeaktion aus einem SportScheck-Newsletter. Ich hatte mich über das „Schnäppchen“ gefreut, bis dann die Mail vom Team ultraSPORTS eintrudelte, die Freistarts für den Lauf anbot. Nun ja…

SportScheck RUN Kassel 2018

Mein Pacemaker für die 45 Minuten? Nikolaj grinst nur. Warum nur?

So langsam macht sich dann die schwarz gedresste Horde in Richtung Startbereich. Alle im einheitlichen Look. Für’s Marketing eine tolle Sache, ich finde es eher so naja. Einzig die Pacemacher für die 45, 50 und 60 Minuten fallen mit langen Fahnen auf. Ob ich mich vor oder hinter Nikolaj mit seiner 45:00er Fahne einreihe?

Vorn ist die Sicht besser

Eine Viertelstunde vor Start ist es dann soweit – wir dürfen in den Startkanal. Die Frage nach dem Einreihen hat sich erledigt. Gunther, der mir schon beim Frankfurt Marathon 2015 Beine gemacht hat, nötigt mich, ganz vorn an den Start zu gehen. Da ist es nicht so eng und außerdem sieht man, wo man hinrennt.

SportScheck RUN Kassel 2018

Der Startkanal ist voll. Da, wo ich stehe, ist vorn. Nur wird das nicht lang so bleiben, wenn wir unterwegs sind.

Noch immer habe ich keine Strategie. So langsam wird es Zeit. Ich schaue auf die Uhr, ob das GPS-Signal da ist. Im Dunkeln gar nicht so einfach. Spontan beschließe ich daher, dass ich der Uhr während des Laufs keine Aufmerksamkeit schenken werde. Pace nach Gefühl? Ob das mal klappt? Und überhaupt? Welche Pace?

Es geht los!

Und wie es los geht – ganz schön schnell sogar. Vielleicht doch etwas zu schnell renne ich die erste der vier Runden und fühle mich überraschender Weise ziemlich gut. Geht da etwa was?

Ganz einfach ist das Profil des Laufs nun nicht. Eine erste Steigung auf der langen Wilhelmsstraße, kurz danach darf man es bis zur Martinskirche rollen lassen. Vom Martinsplatz bis zum Entenanger rennt man leicht bergauf über ein Kopfsteinpflaster – auch eher unangenehm.

Nach der zweiten Runde schaue ich auf die Uhr im Startbereich und traue meinen Augen nicht. Eine 00:20:00 steht da. Das ist meine Bestzeit auf 5 km. Läuft!

Nur noch zwei Runden

Man muss mental an solche Rennen rangehen – spätestens seit dem Ultra weiß ich das. Schon in der dritten Runde gehe ich die Streckenpunkte durch, die ich nur noch einmal durchlaufen werde. Das lenkt ab und hilft. Die vierte Runde vergeht wie im Flug. Die Schnellste ist sie dennoch nicht. Trotzdem reicht es zur Bestzeit. Mit einer 41:46 trabe ich mit geballter Faust durch das Ziel.

SportScheck RUN Kassel 2018

Mein Fazit zum SportScheck RUN Kassel 2018

Jepp. Das war eine feine Sache. Mit wenig bis keinem Aufwand eine Bestzeit gelaufen. So kann man das auch machen – muss allerdings nicht klappen. Daher nehmt das bitte nicht als Ratschlag an. Höchstens den, dass man entspannt an solch einen Lauf rangehen kann.

Der Lauf und die Orga waren toll, mit netten Helfern und einer prima Stimmung. Einzig der Trikot-Sponsor ist leider keine gute Wahl [siehe 1, 2 und 3].

Daten zum Lauf

10 Kommentare

  1. Comment by Thomas

    Thomas Antworten 18. August 2018

    Der Martin… haut hier einfach so Sachen raus: 41:46 min! Echt krass… Herzlichen Glückwunsch! Und das nichtmal auf Trails und ohne ordentliches Profil unter den Schuhen! ;) Das wird ja dann ein Marathon in 3:12 h oder so… bin sehr gespannt. ;)

    • Comment by Martin

      Martin Antworten 18. August 2018

      Haha, nein. Das mit der Bestzeit beim Marathon wird sicher nichts. Aber danke, dass du mir das zutraust. Das beflügelt weitaus mehr, als eine Dose von dieser Zuckerplörre. ;)

  2. Comment by René

    René Antworten 18. August 2018

    Gratuliere Martin! Toller Bericht und ich beneide dich!
    Was du mit einem Trainingsplan alles leisten könntest vielleicht packt dich ja der Ehrgeiz und du willst nächstes Jahr die Sub 40 da laufen, wer weiß ob das wirklich dein vorletztes Straßenrennen war?

    • Comment by Martin

      Martin Antworten 19. August 2018

      Danke dir.

      So’n 10er geht schon noch. Ich will ja nur keine Marathons auf Asphalt mehr rennen. Das mache ich dann lieber in der Natur.

  3. Comment by Tobias

    Tobias Antworten 21. August 2018

    Solide Zeit für „mal eben so“ gelaufen ;-) gratuliere!
    Ansonsten scheint es auch eine interessante/schöne Veranstaltung gewesen zu sein … in Aachen wird sowas auch jedes Jahr angeboten, aber ähnlich teuer – was mich bisher ehrlich gesagt dann doch immer abgeschreckt hat für die paar km laufen.

    • Comment by Martin

      Martin Antworten 21. August 2018

      Vielen Dank, Tobias.
      Ja, die Teilnahmegebühr ist wirklich nicht gerade günstig, aber immerhin bekommt man ein recht hochwertiges Shirt, mehrere Fotos vom Lauf und eine Medaille. Die Orga ist auch recht professionell. Wenn’s aber nicht fast vor der Haustür wäre, würde ich mir die Teilnahme aber auch überlegen.

  4. Comment by Tobias

    Tobias Antworten 22. August 2018

    Klingt Preis/Leistung effektiv ok :-) vielleicht probiere ich die ähnliche Veranstaltung in Aachen mal aus, das sind für mich nur gut 20km Fahrt … könnte man(n) also eigentlich fast hin laufen :-D

  5. Comment by Andreas

    Andreas Antworten 24. August 2018

    Wow, eine Wahnsinnszeit! Da komme ich in diesem Läuferleben nicht mehr hin. Es scheint, als würden Trainingspläne hoffnungslos überbewertet ;-)

    • Comment by Martin

      Martin Antworten 25. August 2018

      Das ist eine Marktlücke! Ich positioniere mich als Lauftrainer ohne Trainingspläne. Das wird der Renner! :hehehe:

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