Ihr kennt das. Schuhe, die für die schnellen Einheiten gedacht sind, gehen meistens auf die Knochen. Zumindest wenn die Knochen so alt sind, wie von dem, der diesen Beitrag geschrieben hat. Geht aber auch anders, habe ich mir von jemandem sagen lassen. Von wem? Von jemandem, der das wissen muss…
Prolog
Bevor wir zum üblichen „First Look“ kommen, gibt es daher zunächst eine klitzekleine Vorgeschichte. Topo Athletic ist mir als Lauschuhfreak selbstredend im Bereich Natural Running ein Begriff. Ich schiele schon länger auf den ein oder anderen Schuh der Marke, aber bisher hat mich das Design der Modelle noch nicht so recht gepackt. Ja, ich weiß, die Auswahl eines Schuhs nach dem Aussehen ist völliger Unsinn, aber in der Hinsicht bin ich vielleicht aufgrund der doch recht großen Auswahl, die man so als Laufschuhblogger hat, ein wenig verwöhnt.
Nun aber zu „dem, der das wissen muss“. Er, Rafael Fuchsgruber, läuft mit ihr, Tanja Schönenborn, 1000 km Kilometer durch die Namib Wüste in Afrika – in einem Straßen(!)schuhmodell von Topo Athletic. Das sollte als Expertise gerade so durchgehen, dachte ich mir, als er mir in einer Diskussion zu einem anderen Laufschuh den neuen Topo Athletic Cyclone nahelegt. Der sieht nicht nur unheimlich gut aus (gemeint ist der Schuh, Rafael aber auch), sondern ist zudem noch schnell (gemeint ist der Schuh, Rafael aber auch).
Neben dem guten Rat hat der feine Herr Fuchsgruber auch noch die passende Connection an der Hand, und so landet der Cyclone nach einer Irrfahrt auf der Evergiven letztendlich hier im heimischen Testlabor. Womit wir und endlich zum eigentlichen Review kommen können. Sorry, aber das musste ich zunächst zum Besten geben.
Erster Eindruck: Der Topo Athletic Cyclone
Hier und da wird der Topo Athletic Cyclone gerne mal als Minimalschuh betitelt. Als jemand, der bereits mit LunaSandals rumgerannt ist, kann ich da nur müde lächeln. Immerhin hat der Cyclone 23 mm unter dem Vorderfuß und 28 mm unter der Ferse und demnach eine Sprengung von 5 mm. Zwar reiht er sich mit 249 Gramm bei meiner Größe US 10,5 durchaus in den leichten Modellen ein, die ich bisher testen durfte. Für einen Platz unter den Fliegengewichten reicht es jedoch nicht.
Durchaus minimal – im positiven Sinne – kann man das Obermaterial des Topo Athletic Cyclone bezeichnen. Das sogenannte „Ultralight Engineered Mesh Upper“ ist in der Tat so ultraleicht und luftig, dass man es kaum spürt. Die breite, geräumige Zehenbox und die Fersenkappe, die schon beinahe ein Hauch von Nichts ist, tragen dazu bei, dass man den Cyclone im Prinzip nur am Mittelfuß wahrnimmt. Auf den ersten Metern ist das etwas irritierend, doch der Schuh hat so einen unglaublich guten Leisten, dass der Halt über den Mittelfuß völlig ausreicht.
Breite Zehenbox? Da war doch was. Ja, sieht nicht sexy aus. Das meine ich aber nicht. Mir kommen da gleich die Modelle von Altra in den Sinn: Mittlerweile habe ich beinahe deren komplette Produktpalette durchgetestet. Meistens war mir da zu viel Platz – ich habe einen recht schmalen Fuß. Beim Topo scheint die Kompatibilität da mehr gewährleistet zu sein – und aussehen tut’s auch nicht so schlimm.
Außerdem (Tut mir leid, aber ich muss da schon wieder mit dem legendären und immer wieder brauchbaren Spruch von Andy Möller kommen): „Ich hatte vom Feeling her ein gutes Gefühl.“
Bei der Fersenkappe hatte ich allerdings schon etwas mehr Sorge. Marcel von Road Trail Run klagt in seinem Testbericht über den Fersenhalt. Ja, die Fersenkappe hat den Namen eigentlich nicht verdient, sie ist in der Tat extrem weich und wie schon erwähnt kaum spürbar. Das muss man mögen!
Und ihr ahnt es bereits: Das ist bei mir der Fall, ich mag es tatsächlich. Im Mittelfuß bietet der Schuh einen ausreichenden Halt und mit ein klein wenig Feintuning bei der Schnürung bekommt man den Sitz perfekt in den Griff, so dass da nichts schluppt oder rutscht. Läuferinnen und Läufer mit Achillesproblemen werden den Schuh deswegen lieben.
Apropos Schnürung: Noch sowas, was ziemlich gut gelungen ist an dem Schuh. Ich hab es jedenfalls nicht hinbekommen, dass trotz dünner Zunge irgendwas unangenehm drückt. Da rutscht auch nichts, der Halt ist der Zunge ist perfekt. Und dass obwohl ich der seltsamen Fixierung der Schnürsenkel zunächst wenig Vertrauen geschenkt habe.
Kommen wir zum optisch auffälligsten Element des Schuhs. Der Topo Athletic Cyclone bietet eine neutrale Multi-Density Zwischensohle mit unterschiedlichen Härtegraden zwischen Vorfuß und Ferse. Dabei kommt ZipFoam®, ein Material mix auf EVA und TPU, zum Einsatz. Die Außensohle ist äußerst abriebfest und griffig. Ich konnte nach einem nun mehrmonatigen Test keinen Verschleiß feststellen. Wenn das einst strahlende Weiß des Schuhs nicht mittlerweile Farbanteile der Laufstrecke angenommen hätte, könnte man meinen, der Schuh wäre noch neu.
Der Topo Athletic Cyclone in der Praxis
Wieder einmal stelle ich mich als Meister im Versauen des Spannungsbogens heraus. Wie ihr aus den ersten Eindrücken entnehmen könnt, bin ich vom Topo Athletic Cyclone recht angetan, denn der Schuh bietet ein derart natürliches Laufgefühl, welches ich bei den Eigenschaften der Zwischensohle gar nicht so sehr erwartet habe. Irgendwas hat Topo Athletic da ziemlich richtig gemacht. Ob es nun die Leistenführung ist oder die ausgewogene Dämpfung – da stimmt alles.
Den Topo Athletic Cyclone sehe ich dabei gar nicht mal so sehr als Rennsemmel. Eher ist er ein leichter Trainingsschuh, den man einfach immer aus dem Regal nehmen kann. Auch wenn es mal zwickt und zwackt oder das ein oder andere Läuferleiden aufflammt – mit dem Cyclone macht man nichts falsch.
Leichter Trainingsschuh heißt aber auch: Vorsicht bei der Streckenlänge. Ich sag’s mal so – ein HOKA Clifton oder ein ASICS Cumulus isser nicht. Bei der Halbmarathon Distanz geht er noch durch, aber die volle Distanz würde ich mit dem Cyclone nicht rennen wollen. Dafür ist der Dämpfungsgrad dann doch ein wenig zu hart. Und ich bin ja auch nicht mehr der Jüngste (und der Leichteste…). Als optimale Distanz hat er sich bei mir auf meiner klassischen 10er Runde bewährt. Dort hat er die meisten Testkilometer erfolgreich hinter sich gebracht.
Epilog. Oder aber: Mein Fazit zum Topo Athletic Cyclone
Wer Trampolineffekte und Carboneinlagen für das neue Must-Have erachtet, wird vom Topo Athletic Cyclone enttäuscht sein. Aber ich denke, da sind wir uns einig: Das muss man auch nicht immer haben – im Gegensatz zu einem tollen und eher klassischem Laufgefühl, welches sich im Gegensatz zu der Rennerei in Carbonflundern „richtig“ anfühlt. Ich versteht sicher, was ich meine. Auch wenn es sich etwas übertrieben anhört: Der Cyclone ist mitunter so bequem, dass man ihn gar nicht mehr ausziehen mag. In diesem Sinne: Danke an den feinen Herrn Fuchsgruber für den Tipp!
Für die Transparenz
Der Topo Athletic Cyclone wurde mir für diesen Test kostenlos zur Verfügung gestellt. Den Bericht habe ich aus freier Hand geschrieben. Es wurde keinerlei Einfluss auf den Inhalt oder die Bewertung genommen.
11 Kommentare
Comment by Thomas
Thomas 13. August 2021
Hi Martin, da ist irgendwie ein Muster zu erkennen bei Dir. Mit Altra bin ich nie so richtig warm geworden und habe daher auch eher einen Bogen um Topo gemacht. Hört sich gut an, dass der Cyclone zwar breit, aber nicht zu breit ausfällt. Unsere Füße scheinen ja gewisse Ähnlichkeiten aufzuweisen… Vielleicht ist Topo mal was für die Zukunft.
Comment by Martin
Martin 13. August 2021
Ja, teste mal. Auf dein Urteil wäre ich sehr gespannt.
Comment by running_werner
running_werner 31. August 2021
Habe den Schuh heute auch erhalten…
Mein erster Eindruck ist, die Zwischensohle erscheint mir sehr „weich“…
Ich wiege ca. 70 kg, aber wenn ich auf der Ferse aufrete gibt die Sohle schon ordentlich (auch optisch zu sehen) nach…
Wie das wohl beim Laufen sein wird?
Wie sind deine Erfahrungen? Ist das eher schwammig und instabil?
Comment by Martin
Martin 1. September 2021
Die Mittelsohle gehört sicherlich zu der weicheren Fraktion, allerdings finde ich nicht, dass sie schwammig oder instabil ist. Eher im Gegenteil. Zur Einordnung: Ich wiege derzeit ca. 78 kg.
Der Asics Novablast, den ich vor einiger Zeit hier getestet habe, ist beispielsweise ein Kandidat, der ebenfalls eine weiche Mittelsohle hat und bei unsauberem Laufstil unstabil wirkt. Der Cyclone ist da komplett anders.
Comment by running_werner
running_werner 1. September 2021
@Martin: Danke für das feedback. Dann bin ich mal auf das Laufen gespannt.
Laufen und Gehen/Stehen ist ja dann nochmal was anderes. Werde heute mal eine Runde drehen. Bisher habe ich mit topo’s ja immer gute Erfahrung gemacht.
Der Cyclone erinnert mich stark an der „Kinvara“ von Saucony. Der hat mir grundsätzlich sehr gefallen. Nur leider war der Vorfuss zu eng für die Zehen. Das ist ja bei den topo’s immer super gelöst.
Bin gespannt und werde hier noch berichten.
Comment by running_werner
running_werner 4. September 2021
Hast du in den Cyclone die gleiche Größe wie in anderern topo’s oder anderen Laufschuhen? Viele empfehlen ja, wegen dem Fersenhalt eine halbe Nummer kleiner zu nehmen…
Comment by Martin
Martin 5. September 2021
Nein. Ich habe in dem Topo die gleiche Größe wie in fast all meinen Schuhen. Von der Empfehlung halte ich auch nichts, da man mit der Schnürung (siehe oben im Text) den Fersenhalt auch gut beeinflussen kann. Mit einer halben Nummer kleiner hättest du eher weniger Platz im Zehenbreich – macht doch nicht wirklich Sinn, oder?
Comment by running_werner
running_werner 5. September 2021
Das stimmt natürlich… habe ich mir auch gedacht…
muss wohl noch etwas mit der Schnürung herumexperimentieren…
Comment by running_werner
running_werner 11. September 2021
mmh, nach dem ersten etwas längeren Testlauf dann doch eine Blase an der rechten Ferse bekommen. Komisch, nur an einem Fuss. Ob es an den Socken liegt? Werde das nächste Mal noch mal etwas mit der Schnürung rumtesten und vielleicht mal die besseren Falke-Laufsocken nehmen…
Comment by Martin
Martin 12. September 2021
Vielleicht sollte ich noch mal einen Sockentest nachreichen?
Ich hab die besten Erfahrungen mit Injinji und X-Socks.
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