Mäßig trainiert und leicht lädiert an den Start eines Trailmarathons gehen – kann man mal machen. Rächt sich halt. Während des Laufs und danach. Jetzt, wo ich hier auf dem Sofa liege und diese Zeilen schreibe, geht’s aber wieder. Laufen zwar nicht, aber schreiben, schreiben geht. Here we go…

Startnummer 2 beim 2. Tunnelweg-Teufelskanzel-Trailmarathon. Da war wohl jemand beim Anmelden von der ganz fixen Sorte, was? Naja. Kein Wunder, denn die diesjährige Neuauflage vom Werrabrücken-Tunnel-Kolonnenweg-Marathon verspricht nicht nur mehr Höhenmeter, sondern auch noch einen Abstecher zur Teufelskanzel, also genau der Part, der mir beim Werratal Schlösser und Burgen Ultratrail am besten gefallen hat.

Vielleicht habt ihr es bemerkt. Gerno und Uwe sind wahre Meister im Aneinanderreihen von Sehenswürdigkeiten. Das macht sich nicht nur auf der Strecke, sondern auch in der Bezeichnung der Veranstaltung bemerkbar. Da kann ich schlecht nein sagen, auch wenn ich seit Oktober eher mäßig trainiert habe. Eine Sehne im Fuß meint zudem, ausgerechnet in der Woche vor dem Lauf mir klarmachen zu müssen, dass die Idee, einen Trailmarathon mit vielen Höhenmetern zu laufen, ein denkbar blödes Vorhaben sei. Ach komm, Sehne – das läuft sich auf den ersten Kilometern raus, oder?

Nette Menschen

Was die Teilnehmerliste bereits verspricht, beweist sich bei der Ankunft in Witzenhausen: Pünktlich zum Briefing stehen all die netten Menschen am Start, mit denen ich heute ein paar Stunden auf dem Trail verbringen werde. Das kann nur gut werden.

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Die Medaille gibt’s heute wieder vorab, insofern müsste ich eigentlich gar nicht loslaufen. Okay, mache ich dann aber doch – mit all den anderen Bekloppten. Auch wenn das Exemplar echt gelungen ist – erarbeitet werden will sie sich schon. Ich sag nur: 1300km!! :hehehe:

2. Tunnelweg-Teufelskanzel-Trailmarathon

Bis zum Tunnel, der uns nach etwas mehr als zwei Kilometern erwartet, laufen wir zusammen. So ist zumindest der Plan. Das klappt eher so mittel, denn die üblichen Verdächtigen haben heute anscheinend sehr ordentlich gefrühstückt und sind längst außer Sichtweite, als ich das erste Mal zur Fotosession bitte…

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Auf dem Weg nach Mordor

Das erste Highlight des heutigen Tages lässt nicht lange auf sich warten. Nach der Überquerung der Bundesstraße ist schlagartig Schluss mit der Zivilisation. Wie auf dem Weg nach Mordor pirscht sich die sportliche Gefolgschaft durch das dunkle Tunnelsystem…

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…um anschließend wie kleine, garstige Hobbitse den Hang hinaufzuklettern. Ja, ich weiß. Den Gag habe ich letztes Jahr auch gebracht. Bei der dritten Auflage fällt mir sicher was Besseres ein. Versprochen.

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Die ersten Höhenmeter des Tages haben wir im Witzenhäuser Sandwald hinter uns. Mir kommt schlagartig das nächste Highlight des Laufs in den Sinn. Die Überquerung des Bahndamms der stillgelegten Gelstertalbahn. Moment – der ICE fuhr da letztes Jahr aber nicht drüber…

2. Tunnelweg-Teufelskanzel-Trailmarathon

Okay. Da habe ich mich vertan. Ein paar Meter sind’s dann doch noch bis dahin. Sicherheitshalber schaue ich aber, oben angekommen, ob das mit der Stilllegung noch immer Stand der Dinge ist.

2. Tunnelweg-Teufelskanzel-Trailmarathon

Fürsorglich noch mal nach links und rechts geschaut und das Ohr auf die Gleise gelegt – alles in Ordnung. Leute, ihr könnt hochkommen…

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Auf zur Kolonnenweg–Teufelskanzel Runde

Bis hier hin war’s die Pflicht, nun kommt die Kür. Der kurze Abstecher zurück zum Start ist etwas lästig, denn insgeheim will jeder am liebsten gleich die vielen, vielen Höhenmeter in Angriff nehmen, die uns fortan erwarten.

Das Feld zieht sich etwas auseinander. Ich bin gerade ungewollt allein unterwegs. In solchen Momenten fange ich an, in mich hineinzuhorchen. Jedes Zwicken wird ausführlich analysiert. Ist das mit der Sehne im Fuß vielleicht doch schlimmer als gedacht? Das flaue Gefühl im Magen? Könnte es sein, dass ich hier gleich dessen Inhalt am Wegesrand hinterlassen muss? Kurzum – eine Ablenkung in Form von Gesellschaft wäre jetzt geil.

2. Tunnelweg-Teufelskanzel-Trailmarathon

Kurz vor der Burg Ludwigstein schließt Thomas a.k.a. der Trail-Therapeut auf mich auf, doch der will mich anscheinend nicht therapieren und zieht unbeeindruckt von dannen.

2. Tunnelweg-Teufelskanzel-Trailmarathon

Im Innenhof der Burg habe ich ein kleines Déjà-vu. Hier schalmeien mir die gleichen, holden Gesänge wie im letzten Jahr entgegen. Ich bin mir wahrlich nicht sicher, ob Gerno und Uwe die musikalische Untermalung zu unser aller Belustigung gebucht haben. Da mich in Kürze der erste VP erwartet, muss ich leider zügig das Weite suchen.

2. Tunnelweg-Teufelskanzel-Trailmarathon

Selbiger erwartet uns unfern der Burg in Gernos Garage. Wer meint, es könnte nicht familiärer werden: Gernos Cousin Jens hat die Betreuung des VPs übernommen und versorgt den ganzen langen Tag über durstige und hungrige Weggefährten. Nett, oder?

Es wird ekelig

Irgendwo beim Marathon oder Ultra kommt immer der Punkt, wo es ekelig wird. Et voilà, hier isser! Kann gut sein, dass es Kopfsache ist. Schließlich weiß ich, was jetzt kommt. Der Weg an der Werra lang, der sich zieht, wie die Mainzer Landstraße beim Frankfurt Marathon. Und dann?

2. Tunnelweg-Teufelskanzel-Trailmarathon

Ja, dann kommt er. Der Kolonnenweg. Gefühlt drölfzig Milliarden Kilometer bergauf auf miesen Betonplatten. Im Fernsehen läuft gerade Skispringen. Wenn man die Schanze hochlaufen müsste – so in etwa könnt ihr euch das vorstellen. Allerdings und wie gesagt: Drölfzig Milliarden Kilometer!

2. Tunnelweg-Teufelskanzel-Trailmarathon

Immerhin leiden auf dem Weg nach oben Dominik und Leonhard mit mir. Oben angelangt, muss es das obligatorische Selfie vor der verregneten Kulisse sein.

2. Tunnelweg-Teufelskanzel-Trailmarathon

Apropos oben. Im Gegensatz zum letzten Jahr sind wir bei weitem nicht oben. Schließlich machen wir heute noch den Abstecher zur Teufelskanzel. Ich dachte ja immer, der Teufel wäre unten, aber in diesem Fall ist es wohl andersherum. Vielleicht liegt es nahe, dass mein Gesichtsausdruck entsprechend ausfällt. Kann aber auch sein, dass ich dem Moment bereits etwas auf Anschlag gelaufen bin. Wie gesagt – Trainingsumfang, trallala…

2. Tunnelweg-Teufelskanzel-Trailmarathon

Die Situation in den nächsten Minuten rede ich mir schön, denn die Landschaft ist wahrhaftig sehr pittoresk. Da wäre beispielsweise ein Ableger des Penone Baums von der documenta 13, wenn auch ohne Stein…

2. Tunnelweg-Teufelskanzel-Trailmarathon

Tatsächlich könnte ich mich an der mystischen Landschaft mehr und mehr erfreuen, wenn sich nicht mittlerweile meine Sehne im Fuß zu Wort melden würde: „Sag mal, wie lange soll das alles hier noch gehen?“ fragt sie. „Halt die Klappe. Ist nicht mehr lang!“ Muss sie ja nicht wissen, dass wir noch 16 Kilometer vor uns haben.

2. Tunnelweg-Teufelskanzel-Trailmarathon

Meine Laune ist gerade auf dem Tiefpunkt. So auf dem Level wie die Temperatur hier oben. Die Aussicht auf der Teufelskanzel? Spare ich mir. Selfie? Spare ich mir.

2. Tunnelweg-Teufelskanzel-Trailmarathon

Rettung naht!

Und dann komme ich doch noch zu meinem Selfie. „Den kennen wir doch!“ ruft Anna. Die Eichsfelder Crew schickt der Himmel. Ich hab’s irgendwie im Urin Gefühl, dass die mich aus dem Tief holen, in dem ich gerade bin. Hier oben auf dem Hoch.

2. Tunnelweg-Teufelskanzel-Trailmarathon

Annas Mann, Thomas, läuft heute seinen ersten Marathon. Respekt. Dass er sich dann gleich einen mit 1300 Höhenmetern ausguckt, zeugt entweder von seiner Willensstärke oder von Annas Überzeugungskraft. Meinetwegen auch von beidem. Ihr seht – es gibt also genug Gesprächsstoff und dementsprechend genug Ablenkung für mich. Und das ist gut so…

Auf zum Fresstempel

Mittlerweile habe ich Hunger. Und Durst. So richtig Hunger und Durst. Dass die noch zu laufende Kilometeranzahl nur noch einstellig ist und der VP mit Jens unmittelbar bevorsteht, steigert die Laune enorm. Wie ihr sicher sehen könnt, haben wir nicht nur mächtig Schmacht, sondern auch viel Spaß in Gernos Garage. Lieben Dank nochmal an Jens, war schön bei dir!

2. Tunnelweg-Teufelskanzel-Trailmarathon

Auf der Landstraße auf dem Weg zur Ebenhöhe sind wir noch am Lachen. Ob uns das wohl gleich vergehen wird? Der Weg über die Serpentinen hoch zum Aussichtspunkt ist durchaus anstrengend, aber wenn alte Männer mit 34 Kilometer in den Beinen über umgestürzte Baumstämme krabbeln müssen, sorgt eine gewisse Situationskomik für andauernde Belustigung.

2. Tunnelweg-Teufelskanzel-Trailmarathon

Das vorletzte Selfie des Tages steht an. Auf der Ebenhöhe ist das sozusagen Pflichtprogramm. Ein wenig Erleichterung über das baldige, wohl erfolgreiche Ende des Abenteuers ist uns anzusehen, oder?

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Endspurt

„Sind wir endlich bald mal da?“ mault die Sehne, als wir bergab über unwegsames Gelände zurück ins Tal laufen. Zugegeben, sie hat ja recht. Reicht langsam für heute. Bis ins Ziel zieht’s sich noch ein wenig.

2. Tunnelweg-Teufelskanzel-Trailmarathon

Hier runter geht es ordentlich auf die Knochen. Während es bei Anna und Uwe scheinbar locker und flockig läuft, ist Thomas, unser Marathon-Novize, tapfer am Kämpfen. Sein Bierchen heute Abend hat er sich wahrlich verdient.

2. Tunnelweg-Teufelskanzel-Trailmarathon

Geschafft

Die Welt hat nicht nur einen Marathoni mehr, sondern auch knapp 40 frohe Menschen, die sich auf eine Neuauflage im nächsten Jahr freuen. Wetten?

2. Tunnelweg-Teufelskanzel-Trailmarathon

Vielen lieben Dank an Uwe und Gerno, sowie an Jens und an alle anderen Helfern. War geil! ❤️

Gute Besserung an Thorsten, Steffi und Frank. Nächstes Mal seid ihr wieder dabei. :)

„Was ist wichtiger“, fragte der Große Panda, „der Weg oder das Ziel? “ „Die Weggefährten“, sagte der Kleine Drache.

— James Norbury

Daten zum Lauf

16 Kommentare

  1. Comment by René Stelzer-Scholz

    René Stelzer-Scholz Antworten 4. Februar 2024

    Genial geschrieben, Hammer Bilder
    Da will man sofort wieder in den Tunnel

    • Comment by Martin

      Martin Antworten 4. Februar 2024

      In den Tunnel vielleicht nicht. Aber auf die Teufelskanzel. Bei schönem Wetter. ;)

  2. Comment by Ludmilla Pfaff

    Ludmilla Pfaff Antworten 4. Februar 2024

    Mega geil geschrieben ….Respekt ☺️

  3. Comment by Anna

    Anna Antworten 4. Februar 2024

    Mal wieder alles wunderbar zusammengefasst , ganz klasse ich lese so gern deine Berichte , man fühlt förmlich mit ……
    Bis ganz bald

    • Comment by Martin

      Martin Antworten 4. Februar 2024

      Wenn man live dabei ist, fühlt man sicher umso mehr förmlich mit! :D

  4. Comment by Christian Haldorn

    Christian Haldorn Antworten 5. Februar 2024

    Vielen Dank für den anschaulichen Bericht. War mein erster Trail-Marathon, bleibt unvergesslich. Danke an Gernot, Uwe, Jens und alle weiteren Fleißigen im Orga-Team.

    • Comment by Martin

      Martin Antworten 6. Februar 2024

      Schön, dass es dir gefallen hat. Dann wird es wohl sicher nicht der Letzte gewesen sein. ;)

  5. Comment by Jenny

    Jenny Antworten 5. Februar 2024

    Mal wieder grandios geschrieben, Martin !!! Am besten gefiel mir „Drölfzig Milliarden Kilometer“
    Und wenn ich nicht am Sonntag bei Heiko gelaufen wäre, wäre ich auch gekommen

    • Comment by Martin

      Martin Antworten 6. Februar 2024

      Ach, du bist also nicht in der Doppeldecker-Fraktion anzutreffen? :hehehe:

  6. Comment by Jenny

    Jenny Antworten 6. Februar 2024

    Doch!! Natürlich!! Das weißt du doch! Aber in dem Fall wäre mir das einfach zu weit gewesen zum Fahren. Von Münster nach Witzenhausen nach Springe und zurück nach Münster….

    • Comment by Martin

      Martin Antworten 6. Februar 2024

      Ja, nee. Das wusste ich nicht (mehr). So genau verfolge ich die Starterlisten nun auch nicht. Aber Respekt, dass das einzige Problem die Logistik ist und nicht der Doppeldecker selbst. ;)

  7. Comment by Thomas

    Thomas Antworten 6. Februar 2024

    Was Du so alles „mäßig trainiert und leicht lädiert“ ablieferst… ;) Glückwunsch! Das Leiden hast Du Dir ja selbst ausgesucht, aber ansonsten hört sich das nach einem tollen Erlebnis an.

    Wie hat sich denn die Jacke bewährt? Ging das gut unter der Weste?

    • Comment by Martin

      Martin Antworten 6. Februar 2024

      Danke, danke. :)

      Jacke unter Rucksack war kein Problem. Hat sie auch ohne jeglichen Schaden überstanden. Beim Feuchtigkeitsmanagement sehe ich jetzt keinen nennenswerten Unterschied zur Shakedry. Dafür ist die Kapuze wesentlich besser. Und ja, das Leberwurst-Colourway ist in Natur doch ganz nett – passt sogar zum Lieblingsstirnband, wie du siehst.

  8. Comment by Andreas

    Andreas Antworten 20. März 2024

    Na, Martin, da schreibst du monatelang nichts und auf einmal stehen hier zwei neue Events – und was für welche! Tolle Strecke mit beeindruckenden Anstiegen. Und das alles mit Zipperlein und wenig Training? Was ist dein Geheimnis? ;-)

    • Comment by Martin

      Martin Antworten 20. März 2024

      Ich hätte jetzt fast geschrieben: Augen zu und durch. Aber so isses nicht. Bei den Ultras ist es wohl wirklich das, was ich oben geschrieben habe: Die Gefährten. Will sagen: Das ist viel Kopfsache und durch unterhaltsame Gespräche unterwegs bist du schnell mal ein paar Kilometer gelaufen, ohne dass es auffällt. Sowas hast du bei einem Straßenmarathon natürlich nicht.

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