Falls ihr es nicht bemerkt habt: Hier herrschte eine regelrechte Durststrecke in Sachen Laufschuhtests. Okay, nicht generell. Aber der letzte Test eines Schuhs von Salomon ist tatsächlich bereits elf Monate her. Da wird es wohl mal Zeit, dass der Flaute ein Ende bereitet wird.

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich habe mal wieder so richtig Bock auf einen schönen und gepflegten Ultramarathon. Spätestens im nächsten Frühjahr steht der Bilstein Marathon an, bei dem ich wieder die 57 Kilometer in Angriff nehmen will. Bekloppt, wie ich bin, habe ich dann noch den Rennsteig und seinen Supermarathon im Visier. Das passende Schuhwerk für derartige Vorhaben durfte ich schon jetzt testen, denn Salomon kommt mit dem neuen Ultra Glide wie gerufen.

First Look: Der Salomon Ultra Glide

First Look? Oder besser: First Thoughts? Da stellt sich zunächst die Frage, ob der Salomon Ultra Glide neben dem erfolgreichen Salomon S/LAB Ultra 3 (hier getestet) eine Daseinsberechtigung hat? Vielleicht erinnert ihr euch an den Salomon Ultra Pro – ein Schuh, mit dem ich mich nie wirklich anfreunden konnte. Von meinem subjektiven Eindruck hatte er auch lange nicht so viele Fans wie andere Modelle. Da der Ultra Pro mittlerweile nicht mehr im Programm ist, nehme ich mal an, dass der Ultra Glide sein Nachfolger ist. Betrachten wir ihn daher mal als eine perfekte Ergänzung zum Sense Ride 4.

Salomon Ultra Glide

Wenn man sich den Salomon Ultra Glide genauer betrachtet, fällt es auf: Da wurde ganz schön getrickst, dass der Schuh nicht aussieht, wie ein Modell von HOKA ONE ONE. Die Mittelsohle hätte auf alle Fälle das Potential. Doch die Farbe des Obermaterials wurde geschickt über die halbe Höhe der Sohle gezogen und zack – schon fällt es nicht mehr auf. Mit einer Sprengung von 6 mm (32 mm Ferse / 26 mm Vorfuß) ist der Ultra Glide beinahe artverwandt mit dem Speedgoat 4.

Salomon Ultra Glide

Fishing For Langstreckenfans

Mit dem Ultra Glide versucht Salomon aber nicht nur Fans des gepflegten Langstreckenlaufs zu begeistern, vielmehr spricht er ein breites Publikum an – von Neuling auf dem Trail, der nach weichem Komfort sucht, bis hin zum Ultra-Langstrecken-Wettkämpfer, der einen Schuh braucht, der die Füße den größten Teil des Tages glücklich macht.

Salomon Ultra Glide

Der Ultra Glide wiegt in meiner Größe (US 10.5) beschauliche 286 Gramm. Er verfügt über eine Energy Surge-Zwischensohle, die das eigentliche Highlight des Schuhs ist. Diese besteht aus einer Mischung aus klassischem EVA und OBC (Olefin-Block-Copolymere).

In Verbindung mit der neuen Rocker Geometrie (oh, hallo HOKA!) sorgt die Kombination für ein reaktionsfreudiges und rollendes Laufgefühl. Beinahe traditionell gibt’s den Profeel Film Schutz, die altbewährte Contagrip® MA Gummimischung sowie Stollen mit 4 mm Tiefe.

Salomon Ultra Glide

Wo wir gerade bei den Traditionen sind – zu den Quicklace Schnürsystem muss ich nicht mehr viel sagen, oder? Das liebt man. Oder man hasst es. Ich für meinen Teil hätte es gern an allen Schuhen, wobei ich mich stets wundere, dass Salomon es schafft, die Schnürsenkelgarage so zu konstruieren, dass sie bei jedem Modell anders fummelig ist – mal mehr, mal weniger. Beim Ultra Glide ist sie so mittelmäßig gelungen. Irgendwas ist halt immer.

Salomon Ultra Glide

Der Salomon Ultra Glide in der Praxis

Praxisaufgabe Nr. 1 lautet: Mach aus dem Schuh einen ordentlichen Trailschuh. Was nichts anderes bedeutet, als die jungfräuliche Optik der durchaus ansehnlichen Farbgebung „Crystal Teal / Barrier Reef / Goji Berry“ so zu verunstalten, als käme der Schuh nicht frisch aus dem Karton. Das wiederum war beim ersten Lauf schwer möglich – trocken wie es war.

Salomon Ultra Glide

Na gut. Ehrlich gesagt ging’s auch eher um den Test, wie komfortabel der Schuh wirklich ist. Geschotterte Waldautobahn, vier Kilometer leicht bergab, mittlere 4er Pace. Wenn mir danach nicht die Knochen weh tun, hat ein Schuh schon mal den ersten Bonusstempel im imaginären Testheftchen eingeheimst. Und ich muss sagen: Der Salomon Ultra Glide kann nicht nur mit einer sehr bequemen Passform glänzen, die beinahe Salomon-untypisch weit ist, sondern kommt in Sachen Dämpfungsverhalten durchaus an das oben erwähnte Modell von HOKA heran. Vielleicht nicht ganz das Sofa-Feeling, eher mehr der Trampolin-Effekt.

Testen wie die Profis

So, jetzt mal Schluss mit der heimischen und eher wenig anspruchsvollen Hausrunde. Ich könnte behaupten, ich wäre extra wegen des Tests des Salomon Ultra Glide nach Thüringen gefahren, aber ehrlich gesagt fand da ohnehin ein Salomon Community Run statt, bei dem es, welch Überraschung, auch für die anderen Teilnehmer den Ultra Glide zum Testen gab.

Salomon Ultra Glide

Nun ja. Das war’s dann wohl mit der klinischen Reinlichkeit. Foto: Benjamin Sperl @art_of_trailrunning

Ja und was soll ich sagen? Da wurde das gute Stück nicht nur richtig dreckig, sondern auch richtig gefordert. Wurzeln, Steine – jeweils nass und trocken. Matsch – nur nass. Rauf und runter, insgesamt 933 Höhenmeter, selbstredend beinahe ausschließlich Trails. Ihr könnt es glauben: Da konnte der Ultra Glide zeigen, was er drauf hat.

Salomon Ultra Glide

So, Martin. Jetzt zeig mal, was du kannst. Sieht fast aus wie ein Downhill, oder? Foto: Benjamin Sperl @art_of_trailrunning

»Laber nicht, Martin. Mach’s nicht so spannend. Wie hat er dir gefallen?« – Okay, okay. Ich habe es angedeutet, es war teilweise ziemlich technisch. Wie erwartet kann da der Ultra Glide aufgrund seiner Höhe nicht mit einem flachen Schuh mithalten, aber er schlägt sich durchaus wacker. Umgeknickt bin ich jedenfalls nicht. Dennoch hätte ich von den SensiFit™-Seitenflügeln etwas mehr Halt erwartet. Die haben bei der zweiten Version des S/LAB Ultra besser funktioniert. Meines Erachtens klappt da die Kombination mit der dicken Zunge nicht so richtig. Der fehlende Halt führt unter anderem auch dazu, dass mein Fuß auf steilen Bergabpassagen nach vorne rutscht und die Zehen anstoßen. Auf die Dauer ist das schon etwas unangenehm. By the way: Nicht nur ich hatte das Gefühl, dass die Einlegesohle, die bei dem Schuh leider nicht von Ortholite ist, nicht immer an Ort und Stelle verweilt.

Keine groben Ausrutscher leistet er sich, wenn es um den Grip geht. Hier kommt er nur bei nassen Wurzeln und tiefem Matsch an seine Grenzen. Ihr kennt mich: Pfützen nehme ich gerne mit. Die Erkenntnis daraus: GORE-TEX braucht kein Mensch, auch nicht im Ultra Glide. Das Wasser ist beinahe so schnell wieder draußen, wie es drin war.

Ein paar Meter Asphaltpassagen hatten wir auch im Programm. Hier kann der Ultra Glide die Verwandtschaft zum Sense Ride nicht verschweigen, was allerdings kein Nachteil ist, wenn es um die Bezeichnung „Door-To-Trail-Schuh“ geht. Will heißen: Wie bei fast allen Schuhen mit der ContraGrip Sohle und den 4 mm Stollen funktioniert auch das ganz hervorragend.

Mein Fazit zum Salomon Ultra Glide

Wenn’s mal ein wenig länger dauert, darf es gern ein wenig mehr Dämpfung sein. Diese Anforderung hat der Salomon Ultra Glide durchaus perfekt erfüllt. Dennoch ist er keine eierlegende Wollmilchsau, denn bei technischen Passagen dürfte noch ein klein wenig am Halt gefeilt werden. Hier gefällt mir der S/LAB Ultra 3 besser. So gesehen ist für den Ultra Glide noch etwas Luft nach oben für die nächste Version. Der Anfang ist jedoch schon mal nicht übel.

Salomon Ultra Glide

Kein Testbericht ohne Pfützenbild. Dieses Mal aber mehr Stilleben als Action. Foto: Benjamin Sperl @art_of_trailrunning

 

Für die Transparenz

Der Salomon Ultra Glide wurde mir für diesen Test kostenlos zur Verfügung gestellt. Den Bericht habe ich aus freier Hand geschrieben. Es wurde keinerlei Einfluss auf den Inhalt oder die Bewertung genommen.

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