Es heißt ja, dass Muskelkater am zweiten Tag am schlimmsten sei. Nun, das kann ich bestätigen. Heute kann ich so langsam wieder einigermaßen schmerzfrei die Treppe runtergehen. Aber ich will nicht meckern, denn das, was am vergangenen Samstag zu jenem Mimimi geführt hat, war es auf alle Fälle wert.
Bei Werbeversprechen bin ich von Natur aus skeptisch. „Traum-Trails im grünen Herz Deutschlands für ambitionierte & erfahrene Läufer“ sowie „15 km mit 900 Höhenmeter“ liest sich gut, aber wer einmal den Reisekatalog mit der Wirklichkeit verglichen hat, weiß, dass die fünf Minuten bis zum Strand nicht unbedingt der Fußweg sein müssen. Glücklicherweise ist das beileibe nicht die erste Veranstaltung von Salomon, die ich besuche. Im Gegenteil – bei den Workshops bin ich sozusagen Inventar. Insofern denke ich mal, dass mir nicht zu viel versprochen wird. Der „Trail Running Explorer“, also der Typ, der den Lauf organisiert, ist zudem hinlänglich bekannt.
Brüh im Lichte
Der Weg zum grünen Herz führt durch die einst von Helmut Kohl betitelten „blühenden Landschaften“, die sich jahreszeitlich bedingt eher im herbstlichen Nebel verstecken. Die A44 von Kassel bis nach Eisenach ist nach über zwanzig Jahren noch immer nicht fertig. Wenn das der Alt-Kanzler wüsste! Mir egal, so sieht man wenigstens mal was vom ehemaligen Zonenrandgebiet.
Kurz vor der Zielankunft in Bad Tabarz verfleucht der Nebel beinahe wie auf Bestellung. „Brüh im Lichte dieses Glückes“, so sang Sarah Connor einst, könnte also das Motto des Tages werden. Auch wenn die Temperaturen am Morgen noch um die 2°C betragen, wird dieser Community Run schon mal auf alle Fälle maximal schweißtreibend, denn Benny Sperl, also jener besagte Trail Running Explorer, ist berüchtigt dafür, dass jeder vorhandene Höhenmeter mit viel Liebe und Hingabe ausgekostet wird.
Lang/lang, kurz/kurz, lang/kurz oder kurz/lang? Nee neee, das ist kein Morsecode. Eher die Frage: Was ziehen wir an? Heute ist zwar kein weibliches Wesen mit am Start, doch bei solch einer Frage herrscht geschlechterübergreifend Uneinigkeit. Anders bei der Schuhwahl: Hier greift die Mehrheit der acht Teilnehmer zum bereitgestellten Exemplar von Salomon. Merkt euch dieses Detail mal für später.
Ewig lockt die Bratwurst
Dass man in Thüringen mit Bratwürsten die Impfwilligkeit gesteigert hat, dürfte sich mittlerweile rumgesprochen haben. Die Bratwurstbude auf dem Großen Inselsberg kann scheinbar mit einer ähnlichen Anziehungskraft glänzen. Anders kann ich mir die doch recht anständige Pace am Berg gleich zu Beginn des Laufs nicht erklären. Okay – es hieß ja nicht umsonst, dass das heute nur was für Profis ist.
Immerhin machen wir ab und zu mal eine Verschnaufpause. Selbstredend nicht wegen akuter Atemnot, sondern nur wegen des fantastischen Ausblicks. Auf dem Weg zu der Stelle, wo die Sicht am schönsten ist, arbeiten wir uns 524 Höhenmeter hinauf, um dann auf 916 m ü. NN den Großen Inselsberg zu erreichen. Der ist übrigens nicht nur die höchste Erhebung des westlichen Thüringer Waldes, sondern auch der Ort, wo es endlich die versprochene Thüringer Bratwurst gibt. Anders als bei der Impfung jedoch nicht gratis, sondern für vertretbare 2,80 EUR.
Ob die Wurst mir später irgendwann auf den nächsten Anstiegen wie ein Stein im Magen liegen wird? Wir werden sehen. Den kurzen Moment zum sacken lassen verbringen wir mit Diskussionen wie: „Muss da Senf oder Ketchup drauf? Oder gar beides?“ oder „Besitzen alle Thüringer so eine verborgene Freundlichkeit wie der Bratwurstverkäufer?“
Aber wir sind ja nicht zum Spaß hier oben, daher geht es frisch gestärkt zurück auf die Trails. Für ein paar Meter bis hinunter zur Grenzwiese laufen wir tatsächlich auf dem legendären Rennsteig. Ganz so magisch ist das hier zwar nicht, dennoch beschließe ich, dass das mit dem Supermarathon im nächsten Jahr vielleicht gar keine so schlechte Idee ist.
Den weiteren Weg planen wir so, dass wir möglichst viele Aussichtspunkte pro Kilometer haben. Da Benny hier in der Gegend aufgewachsen ist, ist er mit jedem noch so kleinen und großen Berg per Du. Gefühlt landen wir auch auf jedem. Aber hey – es lohnt sich.
Tatsächlich könnte man meinen, wir hätten nur die Aussicht genossen. Hoch und heilig versprochen: Das war nicht so. Auch wenn es so aussieht. Wir sind auch gerannt.
Bevor es wieder weiter geht: Kennt ihr noch diese Wimmelbilder? Wer findet das kleine Männchen fernab der Gruppe? Und nein: Kein Photoshop.
Begegnungen der unheimlichen Art
Tatsächlich sind wir fernab der Trails auch Menschen begegnet. Das ist zugegebenermaßen soweit nicht ungewöhnlich und auch nicht unheimlich. Allerdings sorgt unsere Erscheinung für doch recht unterschiedliche Reaktionen. Da wäre zum Beispiel die Gruppe von Mädels, die sich offensichtlich freut, sportliche Jungs mit nackten Beinen zu sehen…
…oder aber die Wandergruppe beim Gipfelkreuz, die sich köstlich darüber amüsiert, dass wir alle die gleichen blauen Schuhe der ihnen völlig ubekannten Marke Salomon anhaben. Ein Skandal. Dass sie dann noch die Trailwesten mit Fallschirmen verwechseln, fällt dann auch nicht mehr ins Gewicht.
Schon schön…
Ich muss schon sagen: Ist schon schön hier. Das wäre der perfekte Drehort für den Herr der Ringe gewesen. Das mit Neuseeland hätten die sich sparen können.
Wie garstige kleine Hobbits kämpfen wir uns schwer atmend fernab der anaeroben Schwelle die Trails hinauf, während Benny in einer atemberaubenden Geschwindigkeit mit seiner Kamera an uns vorbei prescht, um die von Luftnot gezeichneten Minen der Nachwelt festzuhalten.
Apropos Luftnot: Gut, dass wir mal wieder einen schönen Aussichtspunkt erreichen. Ich gebe es zu – so langsam werden die Beine müde. Knapp 14 Kilometer und die Schnapszahl von 888 Höhenmeter zeigt die Uhr. Doch Schnaps haben wir hier nicht, also weiter, immer weiter…
Alles hat ein Ende
Alles hat ein Ende, nur die Thüringer Bratwurst hat zwei. Sowas blödes, gerade wo die Trails wieder richtig flowig werden, nimmt der Ausflug ins Thüringer Bergland ein gemächliches Ende.
Landschaften wie hier machen den Abschied nicht gerade einfach. Aber ihr erinnert euch an den pawlowschen Hund? Die klassische Konditionierung, die Benny zu Beginn des Laufs mit uns veranstaltet hat?
Diesmal sind es also die Teigmacher, die für schnelle Beine sorgen. Nettes, junges Team mit einem Trailläufer als Chef. Kann also nichts schief gehen. Ich gönne mir einen deftigen Zwiebelkuchen und noch ein leckeres Stück Birnenkuchen hinterher. Wirre Kombination, ich weiß. Habe ich mir aber verdient, sind dann nämlich knapp 17 Kilometer mit 933 Höhenmetern geworden.
Danke!
Vielen lieben Dank an Benny und auch an Salomon für den tollen Lauf. Alle Bilder hier im Beitrag habt ihr übrigens auch Benny zu verdanken. Schaut mal bei seinem Instagram @art_of_trailrunning vorbei. Lohnt sich!
Der Salomon Community Run in Bad Tabarz zum Nachlaufen
Für die Transparenz
Auch wenn es vielleicht so aussieht, aber der Beitrag wurde nicht von Salomon initiiert, sondern ist auf meinem eigenen Mist gewachsen. Einfach nur so, weil mir der Salomon Community Run viel Spaß gemacht hat.
5 Kommentare
Comment by Andreas
Andreas 25. Oktober 2021
Na, das war ja ein knackiger Ausflug! Die Landschaft sieht sehr reizvoll aus, wenn mir die Männerrunde auch einen sehr ambitionierten Eindruck macht, der sicherlich kaum mit meinen bescheidenen Berglauf-Fähigkeiten kompatibel wäre
Comment by Martin
Martin 25. Oktober 2021
Hehehe, ja die Jungs waren nicht ohne.
Berglauf sollten wir dringend mal zusammen trainieren. Wird Zeit für ein neues Bloggercamp. Vielleicht mal wieder im Harz und dann hoch auf den Brocken!
Comment by Andreas
Andreas 25. Oktober 2021
Hört sich gut an – meine Berglauf-Erfahrung ist wirklich sehr bescheiden
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Comment by MaSan
MaSan 24. November 2021
Was du beschreibst, klingt wie eine richtig tolle Auszeit vom Alltag. Tolle Truppe, mitten in der Natur und laufend unterwegs, was gibt es schöneres? Weltklasse Bilder übrigens!!!
Liebe Grüße